Vom nicht erklärten Schweigen der Partei-Grünen

Annemarie Buchholz-Kaiser, Zeit-Fragen vom 2. 5. 2000

Neben dem Parkplatz bei meinem Coiffeur fängt ein Gelände an, wo Steine verladen werden: Sandstein, grüner Andeerer Granit, runde Flusssteine verschiedener Form. In einer kurzen Unterhaltung mit einem der Fahrer über die schönen Farben und Formen sagt er, er habe sich eine kleine Sammlung von einigen besonderen Stücken angelegt, weil er sie so gern habe. Ich darauf, etwas nachdenklich: «So ist das Arbeiten schön, wenn man das, was man macht, auch mit Liebe macht.» Er sagt darauf, ebenfalls nachdenklich: «Ja, diese Liebe ist bei denen, die die Arbeit machen, oft viel mehr vorhanden als bei denen, die nur berufsmässig Liebe zur Natur predigen.» Tja, wo bleiben die Stimmen derer, die zwanzig Jahre lang die ökologischen Anliegen den Menschen nähergebracht haben, jetzt, wo die Globalisierung das alles dem Casino- Kapitalismus opfert? Dass die Partei-Grünen in der Schweiz die Nein-Parole zu den «Bilateralen», die ein faktischer EU-Beitritt sind, nicht zustande brachten, gibt vielen Mitbürgern zu denken, die ohne einen Parteiausweis ein offenes Herz für Menschen, Tiere und Pflanzenwelt haben. Das Abseitsstehen der Schweizer Grünen ist auch deshalb so stossend, weil der Alpenschutz-Artikel in der Bundesverfassung, der 1997 zustande kam, durch die «Bilateralen» ausser Kraft gesetzt wird. Auch jetzt, wo die 40-Tonner ganz Europa heimsuchen und die Bevölkerung am Brenner den Schwerverkehr schon fast nicht mehr erträgt, wo in Brüssel bereits die 60-Tonner vorbereitet werden, auch jetzt rühren sich die Partei-Grünen noch nicht.

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