Friedenserziehung heute – eine Besinnung

Dr. A. Buchholz-Kaiser,
Dr. E. Gautschi, Dr. H. Hanke Güttinger

Einleitung

Angesichts der akuten Krisenherde im Balkan, im Nahen Osten, in den ehemaligen Sowjetrepubliken und in Afrika sowie angesichts der ungelösten sozialen und politischen Probleme in vielen Gebieten der Welt müssen wir uns heute fragen, warum die bisherigen Versuche, die Menschheitsprobleme in Frieden zu lösen, nicht gelungen sind. Es werden heute wieder vermehrt Stimmen laut, die den Krieg als unvermeidlich behaupten. Hartnäckig wird dabei auf die längst überholte Lehre vom Aggressions- und Todestrieb zurückgegriffen, wie ihn Freud postuliert hatte. Aber bereits zu seiner Zeit blieb Freud nicht unwidersprochen und spätere Forschungsergebnisse der Humanwissenschaften widerlegten seinen Irrtum. Sie zeigten, dass nicht nur im medizinischen und technischen Bereich Probleme gelöst werden konnten, die bis in unser Jahrhundert als schwere, naturgegebene Geisseln der Menschheit gegolten haben. Warum sollten ähnliche Fortschritte nicht auch im Zusammenleben zwischen und innerhalb von Völkern möglich gemacht und die Verantwortung in die Hände der Menschen gelegt werden? Eine Aufgabe, die Kant am Ende des 18. Jahrhunderts – die menschliche Natur intuitiv richtig erfassend – mit folgenden Worten beschrieb: „Der ewige Friede ist keine leere Idee, sondem eine Aufgabe.“ Die Lösung dieser Aufgabe zu finden, wird darüber entscheiden, ob das Samenkorn der Menschlichkeit im nächsten Jahrtausend fruchtbaren Boden finden wird und aufgehen kann.

Deshalb sind die Vertreter aller Fachdisziplinen gefordert, beizutragen, was ihre Wissenschaft zur Lösung von Konflikten und zum Frieden auf der Welt herausgearbeitet hat. Hier liegt auch die Verantwortung der Intellektuellen, ihren Mitbürgern das weiterzugeben, was sie sich durch ihre Studien aneignen konnten. Es wäre ihre vornehmste Aufgabe, auf diese Weise einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Gerade den Fachbereichen Psychologie und Pädagogik kommt hier eine besondere Aufgabe zu. Die Psychologie kann uns das Verständnis für die Natur des Menschen, sein Fühlen, Denken und Handeln vermitteln. Für die Friedenserziehung ergeben sich daraus Ansätze, wie diese Erkenntnisse pädagogisch umgesetzt werden können. Psychologen und Pädagogen, die ihre Verantwortung im Sinne des Gemeinwohls ernst nehmen, bleiben nicht bei den Sorgen und Nöten des einzelnen Mitmenschen stehen, sondern stärken sein Gefühl der Verbundenheit zur Gemeinschaft und dem grösseren sozialen Umfeld und schlagen damit die Brücke vom Einzelnen zum Weltgeschehen.